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Sporteln ist cool oder: Warum ich nicht draußen Sport mache

Ich bin ja so ne Semi - Sportlerin. Diejenigen, die mal auf meinem Instagram - Account waren haben wohl mitbekommen, dass ich Yoga praktiziere. Ich mache das so gut wie jeden Tag, manchmal nur 15 Minuten, manchmal eine ganze Stunde. Je nach Tagesverfassung und Lust. Aber mittlerweile ist Yoga so ein fixer Bestandteil meines Tages, dass es sich komisch anfühlt wenn ich es nicht tue. Ansonsten mache ich aber nicht viel. Ich gehe hin und wieder mal wandern, wobei ich mir da jedes Mal wieder schwöre, dass ich nie wieder in Wanderschuhe schlüpfe. Manchmal gehe ich Inline - Skaten, im Winter bin ich sehr oft im Hallenbad anzutreffen. Und manchmal, wenn ich irgendwie was aus meinem Kopf bekommen muss, oder sauer bin, dann gehe ich laufen. Laufen sieht bei mir ja wenig elegant aus, vor allem, weil ich ein paar hundert Meter weit komme, dann wieder in einen schnellen Gang falle, dann wieder laufe. Nach einer halben Stunde muss ich pausieren, weil ich als passionierte Raucherin den schwer erarbeiteten Teer wieder raufhuste (weil ich mal gefragt wurde: Ja, ich werde aufhören. Und für alle die es genau wissen wollen: Am 19. Juli 2019. Ich hab ein Datum und es mir in den Kopf gesetzt. Das wird klappen, bei meinem Sturschädel). Meistens tue ich mir beim Sport machen weh. Dieses Jahr habe ich es geschafft beim Schwimmen fast abzusaufen, weil ich einen Krampf im Bein hatte, beim Inline - Skaten bin ich in den Graben gestürzt, weil mich eine Radfahrerin erschreckt hat, beim Wandern ausgerutscht und hab mir das Handgelenk geprellt und beim Yoga war ich kurz abgelenkt, hab das Gleichgewicht verloren und meinen Fernseher und die Wii abgeräumt, als ich umgekippt bin. 

Nun, vor zwei Tagen hat mich dann der Übermut gepackt. Die Yoga - Session war nicht genug. Wie ich schrieb gehe ich laufen, wenn mir etwas im Kopf umgeht, was an diesem Tag der Fall war. Ich war also nicht sonderlich konzentriert, hatte keinen bestimmten Weg im Kopf. Ich lief drauf los und stürzte mich Hals über Kopf in ein sonderbares Erlebnis:

 

Tapp, Tapp, Tapp, Tapp. Das Klatschen meiner Laufschuhe auf dem Asphalt beruhigt mich, jedoch spüre ich jetzt schon mein Knie, was seit einem Reitunfall einfach nicht mehr so richtig will. Ich biege auf einen kleinen Waldweg ab. Kurz meldet sich ein Teil meines Gehirns mit der unwichtigen Information, dass ich die ganze Zeit laufe und noch nicht einmal stehen bleiben, oder langsamer werden musste. In meinem Kopf wirbeln ziemlich viele Gedanken. Ich denke an meine Schwester, mein Praktikum. Vor allem denke ich aber über mich nach und was ich für ein Mensch bin. Ich halte mir die Fehler der letzten Wochen vor, es waren vor allem zwischenmenschliche Verfehlungen, geschaffen durch meine eigene Unzulänglichkeit. Ich denke alles ganz genau durch, analysiere jede Nachricht, jedes Wort, jede Tat und suche den Punkt, an dem es schief ging. Wenn ich diesen Punkt finde, dann brenne ich ihn in mein Gedächtnis, lebe es immer wieder durch und lasse auch die Gefühle, die ich in diesem Moment empfand, zu. Das tut ziemlich weh und ist verdammt schwer, aber es ist meine Art, um aus meinen Fehlern zu lernen. Während ich also dahin laufe, reflektiere ich mich selbst und versuche eine bessere Version meiner Selbst zu werden. Was ich nicht mache während ich laufe: Aufpassen wo ich laufe und was am Boden herumliegt. Ich bin mittlerweile auf einem Schotterweg unterwegs, irgendwo im Wald. An einer schönen Stelle, mit Blick auf den Fluss, halte ich an und setze mich auf einen umgestürzten Baum. Ich hole tief Luft, schließe die Augen und genieße. Ich bin völlig auf mein Inneres gerichtet. Keine Ahnung wie lang ich da herumsaß, aber irgendwann war ich so weit, um weiter zu laufen, was ich natürlich auch tat. Obwohl ich mich selbst so beruhigt habe, bin ich abgelenkt. Prompt übersehe ich eine große Wurzel und krache auch schon der Länge nach hin. Wie immer geschieht das ganze so völlig elegant, dass ich mir dabei den Fuß verdrehe und mir die Knie aufschere. Ich liege mit dem Gesicht voran auf dem Schotter und fluche was das Zeug hält. Ich fühle kurz durch, was alles weh tut, dann rapple ich mich in eine sitzende Position und fluche erneut. Meine Knie sind blutüberströmt, das rechte (welches eh durch den Reitunfall nicht mehr will) schwillt an und mein Knöchel tut auch höllisch weh. Grandios gelöst, Daisy! Super! Du hast kein Handy dabei, weißt nicht wirklich wo du bist und kannst jetzt heimhumpeln. Ja, das bin typisch ich.

Ich schlurfe los, versuche mich zu orientieren und schaffe es irgendwie zurück zu der Brücke, die ich vorher überquert hatte. Dort steht ein Typ. Einen Kopf größer als ich, straßenköterblondes Haar, weißes Shirt und eine dreiviertel Jeanshose, die viel zu groß für seine dürren Beine scheint. Er grinst mir zu, ich grinse etwas verkniffen zurück. Immerhin habe ich Schmerzen und ärgere mich über mich selbst, da haut Grinsen jetzt nicht so hin. Er dreht sich dann von mir weg und geht plötzlich in eine Start - Position, wie man sie von Turnern kennt, bevor jemand einen Handstandüberschlag macht. Ich bleibe stehen, neugierig, was er jetzt macht. Kurz geschieht einfach gar nichts und dann...

rennt der los, als hätte ihn was gestochen, mit einem Affentempo die Brücke lang.

"Was zum Teufel?!" ist der einzige Gedanke der Platz hat.

Circa in der Mitte der Brücke beginnt seine Hose zu rutschen.

Sie rutscht weiter und weiter und weiter...

UND ER TRÄGT NICHTS DRUNTER! 

Seine Hose hängt auf Halbmast, mir sieht ein entblößter Popo entgegen und er verhaspelt sich in der runter gerutschten Hose.

Der dumpfe Klang als der Typ auf der Brücke einschädelt, hallt ziemlich lange nach. Und ich kann mich nicht mehr halten, prustend gehe ich auf ihn zu und wundere mich, warum er sich nicht bewegt. Ich gehe etwas schneller, trotz schmerzendem Fuß und zum Schluss renne ich auf ihn zu, denn er bewegt sich keinen Millimeter. Bei ihm angekommen grinse ich trotzdem. Sein nackter Hintern ragt gen Himmel, er hat den Kopf auf die Seite gedreht und..

na klar! Bewusstlos. Das auch immer mir das passieren muss. 

Ich drehe ihn zu mir rum, schüttel ihn an den Schultern und spreche ihn an. Keine Reaktion. Dafür aber eine stark blutende Kopfplatzwunde. Ich habe kein Handy dabei, also suche ich seine Taschen ab, finde aber nichts. Außer ein altes Stofftaschentuch, hübsch kariert, wie mein Opa sie immer bei sich trägt. Ich kontrolliere es auf Rotze, aber es ist sauber, also drücke ich ihm das gegen sein Cut und hoffe inständig, dass jetzt dann irgendjemand mit Handy vorbeikommt. Nachdem mich die Glücksfee bei Zeiten (eigentlich immer) außer Acht lässt, kommt natürlich kein Schwein vorbei und ich werde doch etwas nervös. Ich blicke mich um, vielleicht ist ja was in der Nähe. Bin ich vorher an etwas vorbeigelaufen? Nun lässt mich nicht nur die Glücksfee, sondern auch mein Gedächtnis im Stich. Ich fluche, drücke das Stofftaschentuch weiter drauf und überlege fieberhaft. Das einzige, was mir in den Sinn kommt, ist ein Lied von Gigi D´agostino. "Baby I love you so, I never let you go, I´m looking for the place, waiting for warm embrace, I´m living in the space. Tell me what´s going on, tell me what´s going on.."

Ganz toll, außer einem beschissenen Ohrwurm fällt mir also nichts ein. In dem Moment regt sich der entblößte Arsch und schaut mich an. Ich unterdrücke einen Freudenschrei. Er setzt sich auf, zwar etwas benommen aber ansonsten klar (Er konnte mir immerhin sagen, wer unser derzeitiger Bundespräsident ist und das bekommen manche nicht auf die Reihe, die keinen Schlag gegen den Kopf gekriegt haben). Er verneint Schwindel und Übelkeit. Aber er geht jetzt heim. Ich rate ihm zwar trotzdem zu Krankenhaus, immerhin war er ein paar Minuten bewusstlos, aber er sieht das nicht ein. Der Typ rappelt sich auf, zieht sich die Hose hoch und wankt in Schlangenlinien über die Brücke zurück. Mit einer Hand hält er die Hose fest, mit der anderen drückt er sich das Stofftaschentuch auf die Stirn. Der Anblick ist trotz allem lustig. 

Ich selbst humpel auch weiter, kopfschüttelnd ob dieser absurden Begegnung. Ich weiß schon, warum ich draußen keinen Sport mache.

 

 

 

Es ist nicht das erste Mal, dass ich zu einem Unfall hinzukomme und Erste Hilfe leiste. Aber es war das erste Mal, dass ich es bei jemandem tat, der vorher noch seinen weißen Arsch vor mir entblößte. Und himmel, der war wirklich strahlend weiß.

Keine Ahnung, wie es dem Typen geht, oder ob er es nach Hause geschafft hat. Ich hoffe es sehr stark. Ich habe es auf jeden Fall nach Hause geschafft, wenn auch sehr lädiert. Dies hielt mich aber nicht davon ab, am selben Abend mit meiner besten Freundin die Stadt unsicher zu machen. Diesmal endete das Fort gehen wieder in einem Fluss, aber freiwillig. Um vier Uhr morgens baden gehen wird wohl zu meiner Spezialität. Und ich kam nicht alleine nach Hause. Ein Danke an Babsi, die mich verkuppelt hat. ;)

Nun gehe ich wieder zur Tagesordnung über: Yoga. Zu Hause. In sicherer Entfernung zu meinem Fernseher. Denn mein Knie hat sich leicht entzunden und ich habe entschieden, dass ich Sport wieder mehr meide. Zumindest den Sport draußen. 

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Kommentare: 3
  • #1

    Alien Anja (Montag, 23 Juli 2018 20:00)

    Also nur kurz fürs Protokoll, mich bekommst du am Wochenende auf keinen Fall in so einen Fluss!!!
    Zum Rest: Hmm... was soll man dazu noch sagen... außer typisch du ��

  • #2

    Daisy (Montag, 23 Juli 2018 20:34)

    Du darfst mir gerne dabei zusehen. Und mich rausziehen, sollte ich ersaufen xD
    Ich freu mich auf dich :*

  • #3

    Romi (Dienstag, 24 Juli 2018 20:44)

    Oida i rea voa lochn obwoi i de Gschicht kennt hob ��