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Das Kabinett der Absurditäten oder: Was läuft bei mir eigentlich nicht ganz richtig?

Ach herrje, wie das so ist, selbst den kreativsten Köpfen gehen manchmal die Worte aus. Bei mir passiert das sowieso regelmäßig. Ich bin zwar eigentlich ganz schlagfertig, aber auch nur, weil mein Mund die Angewohnheit hat Laute zu bilden, während mein Gehirn noch zu entziffern versucht, was mein Gegenüber gerade gequatscht hat. Es gibt ellenlange Dialoge, wo ich erst nachher realisiert habe, dass ich sie geführt habe, weil ich oftmals die längste Leitung der Welt habe. Aber das ist nicht nur bei Gesprächen so. Ich bin der Typ Frau, der leichte Neigungen zum Autismus hat. Auf gut Deutsch: Wenn du mich magst, dann musst du mir das sagen. Ich krieg das von selbst nicht mit. Hier stellt sich das Problem, dass die Herren der Schöpfung Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle auszudrücken. Außer sie sind betrunken, dann klappt das. Nur wenn sie betrunken sind, dann bin ich das meist auch und wenn ich betrunken bin, nehme ich selten etwas ernst. Und nüchtern kriege ich zwar alles mit, kapiere aber oft nur die Hälfte, wenn es um Gefühle geht. Ich reite mich dann in Situationen, die ungefähr so aussehen:

"Daisy, ich hab mich in dich verliebt! Ich liebe dich!"

Auf diese Aussage gucke ich meistens irritiert, so als hätte er mir gerade erklärt, dass ich einen fetten Arsch habe (den ich nicht habe, er ist wohlgeformt!) und sage erst mal einfach gar nichts. Diese Stille wird natürlich irgendwann unangenehm und ich versuche verzweifelt irgendetwas zu sagen, aber mein Gehirn schafft es nicht einen klaren Satz zu bilden, weil es von der bloßen Aussage so überfordert ist, dass mir alle Synapsen gleichzeitig durchbrennen (hier stellt ihr euch die Szene aus Spongebob vor, wo in seinem Gehirn die kleinen Spongebobs hysterisch durcheinanderrennen, es brennt überall und so. Wer die nicht kennt --> Google hilft). Und wenn die Stille schon so peinlich ist, dass nicht nur er, sondern auch ich im Erdboden versinken wollen, dann schafft mein Mund einen Laut.

Nämlich: "Okay."

Danach habe ich mich umgedreht und geschlafen.

Diese Situation ist mir erst kürzlich passiert und ich würde mir jetzt noch gerne dafür eine Klatschen. Das war nicht gerade meine Sternstunde. Anzumerken ist, dass der Mann, der mir das um die Ohren gepfeffert hat, zu diesem Zeitpunkt betrunken war, ansonsten hätte er das wohl nicht so rausposaunt. Hoffe ich zumindest. Wie ihr euch denken könnt, war nach meinem "Okay" die Sache beendet. Mehr als Hoppala fällt mir dazu auch nicht ein.

Also im Grunde gesagt:

Bei mir reicht der Wink mit dem Zaunpfahl nicht. Du musst mir den Zaun schon in die Fresse klatschen, dass ich überhaupt was kapiere. 

Danke übrigens an einen guten Freund, der mich sehr treffend als Beziehungslegasthenikerin bezeichnet hat. Du hast recht, obwohl ich dich für diese Aussage schon gern nochmal sprechen würde. Wenn du das hier liest: wir haben da noch ein Hühnchen zu rupfen, mein Lieber. ;)

Diese Beziehungslegasthenie beginnt bei meiner Schüchternheit. Kaum zu glauben, aber ich bin eigentlich ein wahnsinnig schüchterner Mensch am Anfang. Wenn ich jemanden besser kenne, dann lasse ich meine ganze Verrücktheit heraus, aber am Anfang sitze ich da und gucke meistens nur. Daher kommt auch der Spitzname Daisy - Gänseblümchen. Gerade am Anfang ist es wahnsinnig schwer, mich kennenzulernen und die meisten geben dann gleich mal auf. Darüber bin ich auch ganz froh. Ein bisschen Einsatz darf schon sein!

Wenn man diesen Einsatz zeigt, dann geb ich aber alles und präsentiere mein Kabinett aus Absurditäten. Nachdem ihr hier in meinem Blog auch ein bisschen wissen sollt, wer ich eigentlich bin und warum ich in meiner Vorstellung davon spreche, dass ich nicht alle Latten am Zaun habe, lasse ich euch nun an ein paar meiner Ticks und Verrücktheiten teilhaben. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen. Apropos: Der nachfolgende Text kann zu akutem Kopfschütteln führen. Zu langes und heftiges Kopfschütteln kann unter anderem ein Schleudertrauma als Folge haben. Vergewissert euch, dass ihr eine angenehme Sitzposition habt, legt euch die Nummer des diensthabenden Arztes bereit und vielleicht auch ein paar Schmerztabletten, denn Schleudertraumata tun weh. Und nun, auf und davon:

 

"Wie jetzt, du liegst manchmal unter dem Bett?" - Ja, das mach ich. Da höre ich Musik und schalte die Welt aus. Wenn du mich suchst, guck mal unter das Bett, zwischen Flusen und Staub findet man mich bestimmt. Wenn ich nicht unter dem Bett liege, dann sitze ich vielleicht unter dem Schreibtisch. Ja, das klingt komisch, hat aber einen einfachen Grund: Ich fühle mich dort sehr geborgen. Ihr kennt das bestimmt: Diese Umarmungen, wo ihr den Herzschlag des Anderen hören könnt, die fest und warm sind, wo ihr euch geborgen und sicher fühlt. Diese Umarmungen, die nie aufhören sollten, weil sie perfekt sind. Nun, mir fehlt der Mensch, der mich so umarmt, also kompensiere ich das. Anfangs hab ich mich selbst umarmt, aber dabei kam mir nur der Gedanke, dass die weiße Jacke der Psychiatrie auch gut passen würde. Irgendwann habe ich unter meinem Bett was gesucht und erkannt, dass es für mich sehr angenehm ist, wenn ich für eine Weile da drunter liege und einfach genieße. Die Welt steht still, ich fühle mich geborgen und sicher. Auch unter meinem Schreibtisch verhält sich das so. Wenn ich das nochmal so lese, dann klinge ich verdammt verzweifelt und sehr einsam. Macht euch keine Sorgen, ich bin nicht verzweifelt und auch nicht einsam. Nur etwas neben der Spur.

 

"Warte mal, dein Essen darf sich auf dem Teller nicht berühren?!" - Nein, das ist sogar noch komplizierter als es sich anhört. Sagen wir, ich habe ein Fischfilet, Kartoffeln und Gemüse auf dem Teller. Dann dürfen sich Fisch, Kartoffeln und Gemüse nicht berühren, außer ich erlaube es. Jetzt habe ich Fleisch mit Sauce und Reis. Die Sauce gehört übers Fleisch, aber der Reis darf da nicht hinkommen, außer ich erlaube es. Pommes mit Ketchup? Der Klecks Ketchup kommt neben die Pommes und das berührt sich erst, wenn ich es erlaube! In Restaurants stellt mich das des Öfteren vor ein kleines Problem, das ich mittlerweile aber zu überwinden weiß. Nein, ich weiß nicht woher der Tick kommt und ich werde jetzt bestimmt nicht auf eine spirituelle Reise gehen, um das herauszufinden. Nein, das liegt nicht an einem Problem aus meiner Kindheit, welches ich nicht verarbeitet habe. Nein, ich bin kein völliger Kontrollfreak. Nein, ich drehe nicht völlig ab, wenn sich mein Essen berührt (es gefällt mir nicht und ich versuche zu retten, was zu retten ist, aber ich esse es trotzdem). Nein, ich werde jetzt nicht einfach damit aufhören nur weil du das als komisch empfindest. Lass mich mein Essen kontrollieren!

 

"Es ist drei Uhr morgens, warum tanzt du?!" - Ja, warum weiß ich auch nicht. Ich tanze auch mal 4 Uhr morgens im Regen. Ich mache das schon seit Jahren so und seitdem ich Grey´s Anatomy gucke, hat das Ganze einen Namen: Austanzen. Mein Schlafrhythmus ist einfach am Arsch. Schlafen funktioniert bei mir durcheinander. Manchmal verpenne ich ganze Tage, dann bin ich tagelang wach, dann schlafe ich wieder normal (8 Stunden), dann gibt es Nächte wo ich eine Stunde schlafe, eine Stunde wach bin. Ich schlafe also in allen möglichen Arten, Formen und Zuständen. Tja und wenn ich dann mal nicht schlafen kann, weil ich wieder mal zu viel denke und analysiere, dann kann es passieren, dass ich aufspringe und tanze, bis ich außer Atem bin und am nächsten Tag massiven Muskelkater habe. Ich bin zwar keine sehr gute Tänzerin (man fühlt sich ein bisschen an einen Flamingo mit epileptischem Anfall erinnert), aber es macht Spaß und lenkt ab und macht den Kopf frei. Also ja, lass mich um drei Uhr morgens tanzen! Und wenn du zu meinem Leben gehören willst, dann tanz gefälligst mit. Spontaneität ist eine so attraktive Eigenschaft.

 

"Da ist ein Türstock, VORSICHT….ach, hast du dir weh getan?" - Ihr glaubt jetzt, das ist mir besoffen passiert? Nein, echt nicht. Ich mein, ja, ich knall natürlich auch betrunken auf die Fresse, wer nicht. Aber mir passiert das nüchtern auch, da ich ohne Brille blind bin. Da kann man froh sein, wenn ich meine Schwester von meinem Staubsauger auseinanderhalten kann. Das eigentlich auch nur, weil sie redet, und ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Staubsauger keine weibliche Stimme hat und von Typen quatscht. Warum ich meine Brille nicht aufhabe? Ich lege meine Brille oftmals kurz wohin, weil ich mir die Augen reibe, oder Wimperntusche auftrage, oder sonst irgendwas. Und weil ich so schlecht sehe und das Kurzzeitgedächtnis eines Goldfisches habe, finde ich sie danach nicht mehr. Zu diesem Umstand kommt außerdem, dass meine Brille schwarz ist und so wie meine Kleidungsstücke, bestehen auch sehr viele Oberflächen in meiner Wohnung aus dunklem Material. Meine Brille ist also sehr gut getarnt und für mich Maulwurf dann unauffindbar. Weil ich dann jeden Raum durchsuche laufe ich also gegen Türstöcke, Türen, Kästen, Ecken und so weiter. Ja, autsch.

 

"Du bist grade im Stehen umgeknickt…ernsthaft?!" - Tollpatschigkeit overload. Es vergeht kein Tag an dem ich mir nicht weh tue und ich jammere seit Jahren, dass man mich einfach in Luftpolsterfolie packen sollte. Aber sowas nennt man wohl natürliche Selektion und dass ich 21 Jahre überlebt habe grenzt irgendwie an ein Wunder. Ich tue mir weh beim Schuhe ausziehen, beim Kochen, selbst wenn ich nur was aus dem Kühlschrank raushole. Meine Motorik hat irgendwas von nem Ork, der verzweifelt versucht einen Faden durch ein Nadelöhr zu fummeln. Seitdem ich Yoga praktiziere wird es besser, aber es scheint, als würde ich meine Körpergrenzen nicht wirklich kennen, weshalb ich mich ständig irgendwo anstoße. Alle meine Zehen sind mittlerweile mindestens zwei Mal gebrochen, meine Finger mehrmals heftigst gequetscht. Meine Unterschenkel sind immer irgendwie weiß mit hübschen blauen Flecken und ich knalle auch immer auf meinen Arsch, weshalb ich nie vernünftig sitzen kann und ständig nervös herumrutsche. Falls ihr mich mal seht: Nein, ich muss nicht aufs Klo, ich finde nur mal wieder keine bequeme Sitzposition. Ich habe Narben an Körperstellen, von denen ich euch nicht erzählen möchte. Viele Menschen finden meine Tollpatschigkeit wahnsinnig süß. Ich finde es nervig, denn ich tue mir natürlich auch immer dann weh, wenn es besser wäre normal zu wirken. Ihr erinnert euch an den Typen aus dem Supermarkt? Das war ein solches Beispiel. Und davon gibt es so viele. Meine Todesursache wird wahrscheinlich irgendwas sein alá: "In der Dusche ausgerutscht und mit dem Rasierer ausversehen die Halsschlagader aufgeschlitzt." oder "Beim Sturz aus dem Bett mit dem Handyladekabel stranguliert." Nein, ich weiß echt nicht wie ich überlebt habe.

 

"Hallo?! Hörst du mich?! Ich rede seit 10 Minuten mit dir!" - In diesen Fällen hatte ich meist einen Tagtraum alá JD von Scrubs. Wie ihr bereits gemerkt habt: Ich drifte oft völlig weg und schaffe mir kurzzeitig meine eigene Realität, wo Gummibären herumhüpfen, meine Disney - Kindheitshelden mit mir auf Abenteuer gehen und keine doofen, langweiligen Menschen mich anquatschen. Nein, keine Sorge, ich leide nicht an maladaptive daydreaming und ich bin nicht Schizophren oder habe eine sonstige psychotische Störung. Ich ziehe mich in meine Traumwelt zurück, damit ich nicht handgreiflich werden muss, wenn mir jemand auf die Nerven geht. Dies geschieht vor allem bei Menschen, wo man sieht, dass da im Oberstübchen schon Licht brennt, aber niemand zu Hause ist. Das sind solche Menschen, denen ich als Schlafposition eine seitliche Haltung empfehle, aus Sorge, dass ihnen das Erbsengehirn aus dem Ohr kugelt. Manchmal mache ich das auch bei Menschen, mit denen ich mich eigentlich gern unterhalte, weil sie ein Thema aufs Tapet bringen, welches ich für so langweilig empfinde, dass ich mich sowieso nicht länger als 5 Minuten darauf konzentrieren kann. Nehmt es nicht persönlich, besser ich drifte weg, als dass ich euch mit meiner Wortgewandtheit zerlege, weil mir ein Fehler in eurer Argumentation auffällt.

 

 

Ich könnte diese Liste noch ewig weiterführen. Ich habe eine große Reihe an Ticks und Verrücktheiten. Wahrscheinlich hat es deshalb niemand lange mit mir ausgehalten. Ich halte mich ja selbst kaum aus. Meistens sagen Menschen, dass uns Eigenarten süß, niedlich oder einzigartig machen. Diejenigen, die sich denken, dass sie es locker mit mir aushalten würden, oder die glauben, dass meine Eigenarten gar nicht so schlimm sind, sind herzlich eingeladen einen ganzen Tag mit mir zu verbringen. Wer danach nicht mit den Nerven am Ende ist, den behalte ich, denn solche Menschen kommen selten vor. Wie ist das nochmal? Wenn ich es ablecke gehört es mir? Also, wer sich bereit erklärt einen Tag mit mir zu verbringen und mich dann erträgt, vielleicht sogar sagt, dass man das ja öfter machen könnte, der wird abgeleckt. Und ich mach das ohne Skrupel! Überlegt es euch gut!

Ansonsten: ich weiß, ich hab nicht alle Latten am Zaun. Ich weiß, dass mich dieses Kabinett aus Absurditäten nicht unbedingt attraktiver oder freundlicher wirken lässt. Aber das bin nunmal ich. Ich entferne mich bewusst von der Illusion perfekt werden zu müssen. Mal fernab vom Aussehen, welches auch nicht perfekt ist, was mich angeht, spreche ich hier nun vom Charakter. Ich habe verschiedene Stärken und auch Schwächen und ich kenne sie und nehme sie an. Sobald man seine Schwächen auch annimmt, wird man noch stärker. Wir alle tragen Gutes sowie Schlechtes in uns. Es gibt dazu eine alte Indianergeschichte (laut Internet stammt diese Geschichte von den Cherokee - Indianer, aber nagelt mich darauf nicht fest):

 

Ein alter Cherokee - Indianer sitzt mit seiner Enkelin am Lagerfeuer. Er möchte ihr eine Lebensweisheit mitgeben, weshalb er sagt: "In unseren Herzen gibt es zwei Wölfe, die in fortwährendem Kampf miteinander stehen. Der erste ist Hass, Misstrauen, Feindschaft, Angst, Eifersucht und Kampf. Der erste Wolf vereint alles Schlechte in sich. Der zweite Wolf ist Liebe, Vertrauen, Freundschaft, Hoffnung, Friede und Freude. Der zweite vereint alles Gute in sich."

Es ist eine Weile still, bis die Enkelin fragt: "Welcher gewinnt den Kampf?"

Der alte Cherokee blickt ins Feuer und spricht: "Der, den du fütterst."

 

Und genau so ist es. Jeden Tag wieder entscheiden wir uns, was für ein Mensch wir sein wollen. Gut oder Böse? Ich weiß selbst, dass das Leben aus mehr besteht, viele verschiedene Facetten und Schattierungen hat. Aber im Grund ist die erste Entscheidung am Morgen: Bin ich gut oder böse? Diese Frage stellen wir uns nicht bewusst. Es geschieht unterbewusst.

 

Also ja, ich habe meine Abstrusitäten und Ticks und Verrücktheiten, ich bin so unperfekt, wie ein Mensch wohl nur sein kann. Aber dafür stehe ich morgens auf und entscheide mich bewusst ein guter Mensch zu sein. Das klappt nicht immer, denn man kann nicht immer verhindern, dass man etwas tut oder sagt, was andere verletzt oder ihnen schadet. Aber alleine die bewusste Entscheidung, dass ich den guten Wolf füttere, macht mich zu einem guten Menschen. Und das ist es, was wir erstreben sollten. Tagtäglich.

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Kommentare: 1
  • #1

    Fanboy (Samstag, 14 Juli 2018)

    Des wos du schreibst ist der Wahnsinn!
    Es is unglaublich wie gut du die selber kennst.